Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz haben alle denkbaren Notfälle schon einmal durchgespielt. Man muss auf alles vorbereitet sein. Diesen Anspruch stellen an sich zunehmend große Teile der Bevölkerung der westlichen Demokratien, in demselben Maße, in dem die Lebenswirklichkeit der Menschen immer komfortabler und sicherer wird. In Edward Snowdens Worten: "Da wir ein derart angenehmes Leben führen und unser Lebensstandard so hoch ist, dass es in unserem Alltagsleben keine Risiken mehr gibt, kann man uns sehr leicht Angst einjagen."
Man lebt immer sicherer und fühlt sich dabei immer mehr in Gefahr. Diese paradoxe Situation bildet den Hintergrund für eine Skulptur, die noch auf ihre Realisierung wartet:
Eine skulpturale Zergliederung des Designs eines Einsatzwagens der Berliner Feuerwehr.
In einer performativen Analyse sollen die Bestandteile des Designs ihres stützenden Kontexts beraubt und als plastische Objekte der Schwerkraft ausgesetzt werden.
Ein gelungen gestaltetes Einsatzfahrzeug ist unmittelbar als solches zu identifizieren und seine Gestaltung verschafft ihm möglichst eindrücklich die nötige Aufmerksamkeit im Straßenverkehr. Dieses Foto zeigt die Präsentation des Designs der Berliner Feuerwehr im Jahr 2009. In diesem Entwurf hat man sich bewußt auf die Farben Weiß und floureszierendes Orange beschränkt. Die Formensprache signalisiert Dynamik und Dringlichkeit. Der nach hinten fliegende Bogen auf der Fahrzeugseite erinnert an das Logo eines Sportartikelherstellers und gibt dem Fahrzeug sogar im Stehen noch die Anmutung von Bewegung.
Dieses "Dringlichkeitsdesign" ist der Versuch, dem Gewöhnungseffekt entgegenzuhalten, der davon kommt, dass die Einsatzfahrzeuge von Rettungsdienst und Feuerwehr ein selbstverständlicher Bestandteil unseres Straßenbilds sind. Trotz ihrer grellen Farben scheinen sie für viele von uns so gut wie unsichtbar zu sein.
Mein künstlerischer Vorschlag angesichts dieses doppelten Paradoxons ist, mal spekulativ alles hinzuwerfen. Sich zu unterwerfen, nachzugeben, in die Knie zu gehen, zu kapitulieren. Fügen wir uns der Tatsache, dass man nicht auf alles vorbereitet sein kann (oder es auch nur versuchen sollte). Es kommt der Punkt, an dem Sprache nicht ausreicht, an dem unser Bestreben nach Erklärung und Sinn fehlschlägt, kurz: an dem die Modelle scheitern. Das soll hier exemplarisch durchgeführt werden.
Die Analyse findet folgendermaßen statt. Die am grellsten leuchtenden Teile werden vom Rest des Fahrzeugs losgelöst.
Die alleingestellten Formen des Designs werden extrudiert. In softwaregestützten 3D-Modellen lassen sich so auf einfache Art und Weise Flächen in die Tiefe ziehen.
Ich möchte diese losgelösten Formen aber nicht virtuell, sondern im Realraum, und im Originalmaßstab herstellen lassen. Insgesamt ergibt sich damit eine Größe von ca. 6,3m (Länge) * 2,2 m (Tiefe) * 3m (Höhe).
Die einzelnen Teile sollen von einer Stützkonstruktion in ihrem ursprünglichen Zusammenhang schwebend gehalten werden:
Im Rahmen des feierlichen 'Stapellaufs' der Skulptur werden alle Stützen gleichzeitig zu den Seiten herausgezogen. Vollends losgelöst vom Kontext krachen die Teile herunter, allein den Gesetzen der Schwerkraft und Mechanik folgend.
So wie die Fragmente herunterfallen, bleiben sie liegen.
Die folgenden Bilder zeigen die Ergebnisse von wiederholt durchgeführten Probedurchläufen anhand eines Modells im Maßstab 1:8.